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Cornelia Kliment: Wie haben Stiftungen Erfolg im Fundraising?

Interview von Dr. K. Jan Schiffer (06/2014)

 

CORNELIA KLIMENT wurde 1960 in Lindenberg im Allgäu geboren. Sie studierte an der Universität Duisburg/Essen Politische Wissenschaften, Geschichte, Philosophie und Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt Entwicklungsländerpolitik. Seit 2007 ist sie beim Deutschen Hochschulverband (DHV) für alle philanthropischen Themen verantwortlich und seit 2009 im Rahmen ihrer Tätigkeit beim DHV auch Geschäftsführerin der Deutschen Universitätsstiftung. Von 2003 bis 2009 leitete sie die Fachgruppe Bildung im Deutschen Fundraising Verband.

kliment(at)deutsche-universitaetsstiftung.de

www.deutsche-universitaetsstiftung.de

 

Frau Kliment, Sie residieren mit der Deutschen Universitätsstiftung in den schönen Räumen des Deutschen Hochschulverbandes. Dort haben Sie bei einer Veranstaltung des Vereins für Bonner Stiftungen kürzlich die Teilnehmer an Ihren profunden Erfahrungen im Fundraising teilhaben lassen. Ich freue mich sehr, dass Sie hier nun einen größeren Kreis teilhaben lassen wollen. Seit wann sind Sie als Fundraiserin tätig? Und was waren da Ihre wesentlichen beruflichen Stationen?

Seit 1990 bin ich im Hochschulfundraising tätig und damit mit knapp 25 jähriger Berufserfahrung die dienstälteste Hochschulfundraiserin in Deutschland. Angefangen hat alles an der Privaten Universität Witten/Herdecke, an der ich insgesamt zehn Jahre den Aufbau des Fundraisings betreute. Nach einer einjährigen Elternzeit verantwortete ich an der European Business School in Oestrich-Winkel eine Campus-Bau-Kampagne und übernahm danach an der Europäischen Fachhochschule in Brühl die Abteilung Fundraising. Nach Leitung der Capital-Campaign zur Finanzierung des Instituts für Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke übernahm ich den Aufbau der Abteilung Fundraising im Deutschen Hochschulverband. Seit 2007 bin ich dort verantwortlich für Fundraising und Sponsoring und leite DHV-Funds-Consult, die Fundraising-Beratung für Hochschulen, Kliniken und Stiftungen. Darüber hinaus vermittle ich als Consultant bei Leaders In Science, der Personalberatung des Deutschen Hochschulverbandes, Major Donor-Fundraiser an Hochschulen, Klinika und Stiftungen.

Die Professionalisierung des Fundraising - und damit auch das Berufsbild der Fundraiserin - ist ja, zumindest im deutschsprachigen Raum, ein relativ junges Phänomen. Vielleicht können Sie für unsere Leser einmal kurz Ihre typischen Tätigkeiten und Arbeitsabläufe beschreiben?

Die Arbeitsabläufe im Tag eines Major Donor Fundraisers sind stark geprägt von Reasearch und Recherche - wo finden sich Zielgruppen und Prospects, die sich für unsere Projekte und Themen interessieren, wie kann man sie für uns interessieren, wo liegt die Konkurrenz und wodurch können wir uns abheben, unser Alleinstellungsmerkmal schärfen? Hierzu ist natürlich wichtig, dass wir ein Förderprojekt identifiziert haben. Kein Förderer wird zweckfrei Mittel zur Verfügung stellen, daher muss es hier ein Angebot geben. Damit unsere möglichen Förderer das Interesse an uns nicht schon im Vorfeld verlieren, sollten wir unterschiedliche Förderformate anbieten, sie werden in der sog. Menuecard vorgestellt.

Haben wir z.B. ein Stipendienprogramm, so sollte es auch unterschiedliche Fördermöglichkeiten geben, ein Stipendienfonds, einen Buchfonds, einen Druckkostenfonds, ganze oder auch gehälftete und geviertelte Stipendien oder Eventförderungen sollten in verschiedenen Größenordnungen zur Verfügung gestellt werden.

Wenn wir ein erstes Gespräch mit einem potentiellen Förderer terminiert haben, wird dieses im Idealfall von hoher emotionaler Intelligenz, Empathie, Herzensbildung und Einfühlungsvermögen geprägt sein. Erst wenn unser Interessent sich als Mensch wahrgenommen fühlt, wird eine Spendenbereitschaft entstehen. Im Anschluss schaffen wir Verbindlichkeit, indem wir uns bei ihm mit einem Brief für das Gespräch bedanken. Hier können wir Besonderheiten hervorheben und - bislang nicht gesagtes - erwähnen. Wir halten den Gesprächsfaden immer aufrecht und melden uns nach einer angemessenen Zeit wieder, um uns zu erkundigen, wie weit er einer Entscheidung näher gerückt ist. Diesen Prozess werden wir nicht abbrechen, außer vom Interessenten so gewollt.

Lässt sich nach Ihren Erfahrungen sagen, dass es bestimmte Punkte und/oder Handlungen im Fundraising gibt, die man besser vermeidet?

Dazu kann ich Ihnen spontan drei Punkte benennen:

Fundraising kann nie mit einer Fördereransprache für zweckfreie Mittel ohne konkrete Projekte funktionieren. Es braucht immer einer spezifischen Ansprache und eines attraktiven, unterstützenswerten Projekts.

Ebenso wird strategisches Großspender-Fundraising nicht ohne dahingehende Kompetenzen funktionieren, wie Fördereransprache zu planen, in die Wege zu leiten, durchzuführen und nachzubereiten. Hier sind Enttäuschungen vorprogrammiert, wenn kein Plan dahintersteht.

Die Gesprächsführung ist dann noch ein ganz eigener, sehr sensibler Punkt. Unangemessenes Verhalten im Gespräch mit Großförderern sorgt sehr schnell dafür, dass dies das letzte Gespräch war und nicht der erste Schritt zur Spende.

Gibt es auf der anderen Seite auch ganz besonders Erfolg versprechende Punkte?

Den No-Gos möchte ich drei positive Punkte gegenüberstellen:

Ein durchdachtes, intelligentes und attraktives Fundraising-Konzept ist das Fundament jedes Fundraising-Erfolges. Dazu gehören interessante Projekte, wie z.B. Stipendienprogramme, Preise, Raum-Kampagnen und Platzstifter-Initiativen

Umgesetzt werden muss dieses Konzept von einem Fundraiser, der mit Empathie und emotionaler Intelligenz die Gespräche führt, die Motivation des Spenders ergründet und darauf eingehen kann. So wächst eine Vertrauensbeziehung, die eine langfristige Spenderbindung erst ermöglicht.

Ein Grundpfeiler, der auf diesem Fundament ruht und die Fundraising-Strategie trägt, ist eine angemessene Dankbarkeitskultur, die Förderern zeigt, dass sie hier eine geistige Heimat gefunden haben und dazugehören.

Ist Fundraising für Stiftungen in irgendeiner Weise anders als für andere NPOs? Ich persönlich habe zunehmend den Eindruck, dass wir uns im Fundraising einheitlichen Vorgehensweisen nähern. Haben wir da demnächst oder gar schon jetzt einen „Einheitsbrei“?

Stiftungen nehme ich bislang tatsächlich eher wenig im Fundraising wahr. Insbesondere dann, wenn die Stiftung vom Stifter selbst gemanagt werden, gibt es oft wenig Fundraisingbemühungen und damit eher einen kleinen Wirkungskreis. Dabei ist das Potential an Netzwerken eigentlich groß und es gäbe gute Chancen, die leider zu selten professionell genutzt werden. Wichtig ist tatsächlich die Herausbildung und Darstellung des Alleinstellungsmerkmals der Stiftung, um sich von anderen Stiftungen abzusetzen und nicht im Einheitsbrei unterzugehen. Gleiches gilt auch für die Fundraising-Ansprache. Mit einer 08-15-Ansprache wird man keinen Erfolg haben. Auch der Förderer will nicht das Alltägliche, sondern das Besondere.

Gibt es nach Ihren Erfahrungen besondere Gründe, warum gerade Stiftungen anscheinend auf dem Gebiet des Fundraising weniger „aktiv“ sind? Was raten Sie (potentiellen) Stiftern mit Blick auf eine möglicherweise bessere Nutzung von Fundraisingkonzepten?

Nach meinem Eindruck liegt dies darin begründet, dass sie über das Instrumentarium des Fundraising auch bei kleinen Stiftungen und Nischenthemen nicht genügend wissen. Dass sie Anlassspendenfundraising betreiben können und ihre eigenen Anlässe, z.B. Geburtstage, Jubiläen, Goldene oder Silberne Hochzeiten aber auch Sponsorenläufe und Marathons nutzen können, wissen die Wenigsten.

Sie sind sich auch nicht klar, dass ihre Netzwerke sich möglicherweise gerne engagieren, wenn sie gut aufbereitete Broschüren, Handouts und Projektbeschreibungen zur Verfügung gestellt bekommen. Sie kennen auch nicht das Tool des Bußgeldmarketing, je nach Thema eine nicht zu unterschätzende Finanzquelle.

Möglicherweise sind auch noch Vorurteile im Spiel und sie haben ein Vorurteil gegenüber Fundraising, wie es mir auch oft in Hochschulen begegnet. Sie wollen sich nicht als "Stiftungsbettler" betätigen. Allerdings erleben alle, die nicht nur über das Gute reden, dass ihre Stiftung bewirken will, sondern auch weitere Mitwirkende suchen, gerade das Gegenteil. Fundraising bewirkt, die Welt ein bisschen besser zu machen und ist insofern nicht nur für den Spender eine große Genugtuung sondern auch für den Fundraiser, denn er hat ebenso beigetragen, die Welt zu verbessern. Sich als Gutmensch zu fühlen, das zeigen viele einschlägige Studien, verlängert das Leben und macht es gesünder.

Was war Ihr bemerkenswertestes Erlebnis im Fundraising?

1990 hatte ich die Aufgabe einen Großförderer zu gewinnen. Ich hatte über 18 Monate den Kontakt gepflegt und dann die Zusage über 1 Mio. DM erhalten. Das war die beste Motivation - damals und für die berufliche Zukunft. Ich ging in der ersten Zeit wie auf Wolken, danach war es mir wichtig, durch kleine und mittlere Förderer, diese Spendensumme zu verdoppeln, um nicht vom „Tropf eines Förderers“ abhängig zu sein.

Abschließend möchte ich Ihnen gerne eine Frage stellen, die wir hier auf www.stiftungsrecht-plus.de fast immer an das Ende eines Interviews stellen: Auch heutzutage stehen junge Leute vor der wichtigen Frage ihrer Berufswahl. Welche Tipps können Sie diesen jungen Leuten für eine erfolgreiche Zukunft geben?

Wenn junge Menschen für Stiftungen, Charities oder Hochschulen im Fundraising arbeiten wollen, dann gilt es, gutes handwerkliches Rüstzeug mitzubringen und sich entsprechende Praktika zu erarbeiten. Fundraiser für Großspender zu sein, ist einer der glücklichsten Jobs überhaupt, weil er viel bewegt, die Welt ein Stück besser zu machen – wie der Spender selbst. Derzeit entwickeln wir einen Masterstudiengang mit einer der renommiertesten Universitäten in Deutschland, um diese Qualifikationen zu vermitteln.

Frau Kliment, herzlichen Dank für das Gespräch!