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Dr. K. Jan Schiffer
Dr. K. Jan Schiffer ist Wirtschaftsanwalt und berät seit 1987 vor allem Familienunternehmen, Stiftungen, Verbände, staatliche Stellen, …mehr
19.03.2019Luft nach oben - zur Stiftungsrechtsreform
1.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Stiftungsrecht“ hat bekanntlich einen Diskussionsentwurf mit Datum vom 27.02.2018 erstellt, der bereits die beabsichtigten Formulierungen zur Änderung des Stiftungsrechts im BGB enthält (abrufbar unter www.innenministerkonferenz.de) und auf dessen Grundlage ein „Referentenentwurf zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts“ erstellt werden soll. Frau Silvia Bartodziej, zuständig für das Stiftungsrecht im Bundesjustizministerium und Koordinatorin der Arbeitsgruppe, hat anlässlich des Stiftungsrechtstages an der Ruhr-Universität in Bochum am 15.02.2019 darüber informiert, dass sich derzeit noch nicht absehen lässt, wann der Referentenentwurf veröffentlicht wird.
2.
Aus dem Reformentwurf ist also ein „Vereinheitlichungsentwurf“ geworden. Unbestritten bedarf es klarer bundesgesetzlicher Regelungen, unter welchen Voraussetzungen Satzungs- und Zweckänderungen, Zulegungen, Zusammenlegungen, Auflösungen und Aufhebungen zulässig sind. Statusänderungen von Stiftungen können nicht davon abhängen, in welchem Bundesland die Stiftung ihren Sitz hat. Hierzu schlägt die Arbeitsgruppe Regelungen vor, die aus den Landesgesetzgebungen bekannt sind. Zweckänderungen (Satzungsänderungen, durch die der Zweck der Stiftung ausgetauscht oder erheblich beschränkt wird) sind nach § 85 Abs. 1 BGB - neu - möglich, wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist. Weniger gravierende Satzungsänderungen sind möglich, wenn sich die tatsächlichen Lebensverhältnisse verändert haben und der Stifterwille – wie bei allen anderen Änderungen der Stiftungssatzung – nicht entgegensteht. Für die künftige Stiftungsrechtsberatung wird von besonderer Bedeutung sein, dass die Stifter berechtigt sein sollen, im Stiftungsgeschäft die Voraussetzungen für Satzungsänderungen abweichend zu regeln. Inhalt und Ausmaß der Änderungsbefugnis muss der Stifter allerdings festlegen. Ein freies Änderungsrecht kann er den Stiftungsorganen nicht einräumen. Es wird darum für Stiftungsberater künftig noch mehr darauf ankommen, Möglichkeiten der Flexibilisierung in der Satzung von vornherein anzulegen.
3.
Zu einer weitergehenden Flexibilisierung möchte sich die Arbeitsgruppe nicht entschließen. Insbesondere die Haltung gegenüber der Gestaltungsform „Verbrauchsstiftung“ ist nach wie vor von Misstrauen und Restriktion geprägt. Wichtig wäre es doch, für Verbrauchsstiftungen einen Mindestzeitraum von zehn Jahren vorzuschreiben „und sonst nichts“. So lautete ja auch die Formulierung der Bundesregierung im Gesetzesentwurf vom 24.10.2012 (BR-Drs. 663/1/12 vom 03.12.2012):
„Bei einer Stiftung, deren Vermögensverbrauch während eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren bestimmt ist, erscheint die Erfüllung des Stiftungszweckes dauerhaft gesichert.“
Die auf Intervention des Bundesrates gesetzlich vorgeschriebene kalendermäßige Bestimmung der Existenzdauer der Verbrauchsstiftung ist lebensfremd und in der Stiftungspraxis kaum vermittelbar. Die Arbeitsgruppe will in § 81 Abs. 2 BGB – neu – zwingend vorschreiben, dass die Verbrauchsstiftung von vornherein befristet wird und zu regeln ist, zu welchem Zeitpunkt welches Vermögen eingesetzt werden darf. Eine Verbrauchsstiftung ist zudem zwingend aufzulösen und aufzuheben, wenn die Zeit, für die sie errichtet wurde, abgelaufen ist. Eine Umwandlung einer sog. „Ewigkeitsstiftung“ in eine Verbrauchsstiftung soll nur nach den Regelungen möglich sein, wie sie für die Auflösung oder Aufhebung einer Stiftung gelten. Gefordert wird somit die Voraussetzung der Unmöglichkeit der Fortführung als Ewigkeitsstiftung. Eine solche Unmöglichkeit wird in der Praxis kaum nachweisbar sein.
Warum eine Umwandlung einer sog. Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung nicht möglich sein soll, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben und der Stifterwille nicht entgegensteht, ist aus der Sache nicht zu begründen. Zugrunde liegt hier wohl ein nicht rational begründeter Mythos von „Ewigkeit“. Nach § 80 BGB – neu – soll der Idealtypus der Stiftung ausdrücklich die auf unbestimmte Zeit errichtete „Ewigkeitsstiftung“ sein, die ihr Grundstockvermögen erhält und ihren Stiftungszweck mit den Erträgen aus dem Grundstockvermögen erfüllt. Warum die Ewigkeitsstiftung ein Idealtypus ist und die Verbrauchsstiftung im Grunde lediglich geduldete Notlösung, wird nicht begründet und kann auch nicht begründet werden.
Im Ergebnis werden so viele Stiftungen zu lange am Leben erhalten (vgl. Graf Strachwitz, ZStV 5/2017 S. 161, 163) und gemeinwohlorientiertes Kapital dem ihm gewidmeten Zweck als „gestautes Vermögen“ entzogen. Gesellschaftlich förderlich ist dies nicht.
Insbesondere wenn die Satzung Regelungen enthält ein Vermögen bis zum möglichen Ende der Existenz der Stiftung beizubehalten, ist das Merkmal der Nachhaltigkeit erfüllt und die Angst vor einer nicht möglichen „sicheren Prognose“ unbegründet.
4.
Etwas mehr Flexibilität zeigt der Diskussionsentwurf in Bezug auf die Differenzierung bei der Bezeichnung des Stiftungsvermögens. § 83 c Abs. 1 S. 1 BGB – neu – bestimmt, dass das Vermögen einer Stiftung regelmäßig aus Grundstockvermögen und sonstigem Vermögen besteht. Die Teile des Vermögens, die der Stifter – oder künftige Zustifter – zu sonstigem Vermögen (besser wäre der Begriff „freies Vermögen“) bestimmt, können zur Zweckerfüllung verbraucht werden, ohne dass die Stiftung hierdurch zu einer Verbrauchsstiftung mit ihren viel zu engen Bindungen wird.
5.
Die Stiftungsreform lässt also viel Luft nach oben! Zu danken ist der Arbeitsgruppe, dass sie über ihre Arbeit umfangreich Berichte erstellt und diese veröffentlicht hat. Zudem ist eine mehrtägige Anhörung im Bundesjustizministerium durchgeführt worden. Hierzu aber noch eine kleine Anmerkung: Nach ihrer Anerkennung sollen Stiftungen des bürgerlichen Rechts den Zusatz „rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts“ („SbR“) und Verbrauchsstiftungen den Zusatz „Verbrauchsstiftung des bürgerlichen Rechts“ („VsbR“) ihrem Namen hinzufügen. Dieser Vorschlag ist von keinem während der Anhörung anwesenden Rechtspraktiker begrüßt und von vielen ausdrücklich als missverständlich und die Verbrauchsstiftung diskreditierend bezeichnet worden. Ist die Verbrauchsstiftung nicht etwa auch eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts? Gänzlich unbeirrt hiervon wird der Namenszusatz künftig wohl gesetzlich vorgeschrieben werden.