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Dr. K. Jan Schiffer

Dr. K. Jan Schiffer ist Wirtschaftsanwalt und berät seit 1987 vor allem Familienunternehmen, Stiftungen, Verbände, staatliche Stellen, …mehr

Basisfragen zum Stiftungsrecht

Wer beginnt, sich mit Stiftungen zu beschäftigen, hat zunächst viele Fragen. Die häufigsten Grundfragen zum Stiftungswesen mit Anworten von Rechtsanwalt Matthias Pruns, Bonn, finden Sie hier:

Achtung:
Die kurzen Antworten sollen einen ersten Überblick über das Thema geben und dadurch den Einstieg erleichtern. Wegen der durchaus komplizierten und komplexen Einzelheiten wird auf die Fachliteratur verwiesen.

Fehlt eine Frage? Teilen Sie sie mir mit!

 

Matthias Pruns

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Was ist eine Stiftung?

Eine Stiftung ist in ihrer Grundform eine rechtsfähige juristische Person (§§ 80 ff. BGB). Sie besteht allein aus ihrem Vermögen, das von einem oder mehreren Stiftern einem oder mehreren Zwecken auf Dauer gewidmet ist. Die Stiftung hat also keine Mitglieder, sondern nur Nutznießer, auch Destinatäre genannt.

 

Gibt es eine Vor-Stiftung?

Die Frage, ob es eine Vorstiftung gibt, ist umstritten (ausf. NK-BGB/Schiffer/Pruns, § 80 Rn. 15 f.) Manche bejahen den Zustand einer "Vorstiftung" und wollen die Grundsätze entsprechend anwenden, die für den "Vor-Verein" entwickelt worden sind (so z.B. Palandt/Ellenberger, § 80 Rn. 2). Der BFH (Urteil vom 11.2.2015, X R 36/11) hat jüngst die Existenz einer Vorstiftung sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtliche abgelehnt  - mit der Konsequenz, dass es keinen Spendenabzug bei Zuwendungen an eine Vortiftung gibt. Das überzeugt aus den folgenden Gründen:

Anders als die selbstständige Stiftung müssen Vereine, Genossenschaften und Kapitalgesellschaften zum Zeitpunkt der Rechtskrafterlangung die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen: Ausreichende Anzahl an Gründungsmitgliedern, vgl. § 56 BGB (Verein), § 4 GenG (Genossenschaft); erforderliche Kapitalausstattung, vgl. § 7 AktG (AG und über § 278 Abs. 3 AktG auch für KGaA), § 5 Abs. GmbHG (GmbH). Liegen diese Voraussetzungen und damit der "Zusammenschluss" der Gründer vor, sind besagte Körperschaften faktisch gegründet. Diese faktische Gründung ist Voraussetzung für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit und rechtfertigt die Annahme, dass bei diesen Rechtsformen ein handlungsfähiges Rechtsgebilde auch schon vor der förmlichen Rechtskrafterlangung bestanden hat. Dort ist deshalb die Annahme eines Vor-Vereins, etc. sachlich gerechtfertigt. Bei der Errichtung einer Stiftung liegt es jedoch anders.

Eine rechtsfähige Stiftung entsteht weniger in einem allmählichen Prozess als vielmehr „mit einem Schlag“ durch die Anerkennung (§ 80 BGB). Eine zumindest gewisse Vermögensverselbstständigung, wie sie bei Vor-Gesellschaften regelmäßig vorliegt, findet im Vorfeld einer Stiftungserrichtung ebenfalls nicht statt. Der Stifter ist ja auch erst nach Anerkennung der Stiftung zur Übertragung des zugesicherten Vermögens verpflichtet (§ 82 S. 1 BGB), und auch sonstige Rechte, zu deren Übertragung ein Abtretungsvertrag genügt, gehen erst mit der Anerkennung auf die Stiftung über (§ 82 S. 2 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Stifter das Stiftungsgeschäft jederzeit formfrei widerrufen (§ 81 Abs. 2 S. 1 BGB).

Schon aus diesen Gründen ist der Ansatz einer Vor-Stiftung abzulehnen. Zu weiteren Gründen siehe auch hier.

In der Praxis ist nach alledem davon auszugehen, dass es eine Vorstiftung (rechtswirksam) nicht gibt.

 

Was ist ein Stiftungsfonds?

Ein Stiftungsfonds ist an sich nur eine Zustiftung zur Erhöhung des Grundstockvermögens einer bestehenden Stiftung - allerdings mit einer Auflage gegenüber der Stiftung.
Die Auflage betrifft typischerweise den Zweck, für den das zugestiftete Vermögen verwendet werden soll. Das ist regelmäßig ein Teilzweck aus den umfassenderen Zwecken der Stiftung.
Die Auflage kann zusätzlich beinhalten, dass der Stiftungsfonds wie eine treuhänderische Stiftung (siehe dort) einen eigenen Namen erhält und dass innerhalb der Stiftung ein internes Organ geschaffen wird, das über die Verwendung der Erträgnisse aus dem Stiftungsfonds befindet.
Ein Stiftungsfonds ist keine eigene Rechtspersönlichkeit und ist anders als die treuhänderische Stiftung auch kein Steuersubjekt.
Die Stiftung, der zugestiftet wird, verfolgt idR, aber nicht notwendigerweise steuerbegünstigte Zwecke.

 

Müssen Stiftungen das Gemeinwohl fördern?

Eine Stiftung ist von der Stiftungsaufsicht als rechtsfähig anzuerkennen, wenn der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet. Es gilt der Grundsatz der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung. So steht es in § 80 Abs. 2 BGB. Die herrschende Fachmeinung schließt daraus, dass eine aktive Förderung des Gemeinwohls gerade keine Voraussetzung für die Anerkennung der Stiftung ist. Die gegenteilige Auffassung wird nur noch selten vertreten.

PS: Auch das BMJ, hat sich der herrschenden Meinung inzwischen "angeschlossen" und seine früheren missverständlichen Ausführungen zu diesem Thema korrigiert.

 

Werden Stiftungen steuerlich begünstigt?

Für eine Stiftung gelten dieselben steuerlichen Vorschriften wie für jede andere juristische Person auch. Sie ist also grundsätzlich steuerpflichtig. Sie kann aber steuerbegünstigte Zecke verfolgen und z.B. gemeinnützig gem. § 52 AO sein. Nur wenn sie die speziellen Anforderungen an die Steuerbefreiung aus den §§ 51 ff. AO und den zugehörigen Einzelsteuergesetzen (z. B. § 13 Abs. 1 Nr. 16 b) ErbStG) erfüllt, ist sie insoweit steuerbefreit.

 

Wie errichte ich eine Stiftung?

Damit eine Stiftung entsteht, muss der Stifter das Stiftungsgeschäft vornehmen und die zuständige Stiftungsbehörde die Stiftung anerkennen (§§ 80, 81 BGB).
Das Stiftungsgeschäft  kann  sowohl "unter Lebenden" als auch "von Todes wegen" vorgenommen werden. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der Schriftform und muss die verbindliche Erklärung des Stifters enthalten, ein Vermögen der Erfüllung eines von ihm bestimmten Zweckes zu widmen. Außerdem muss er der Stiftung eine Satzung geben, die zumindest Regelungen über den Namen, den Sitz, den Zweck, das Vermögen und die Bildung des Vorstands der Stiftung enthält. Das Stiftungsgeschäft kann auch in einer Verfügung von Todes wegen bestehen, also z.B. in einem Testament vorgenommen werden. Es muss dann den entsprechenden Formvorschriften für die Verfügung von Todes wegen genügen. Fehlt bei der Stiftungserrichtung von Todes wegen eine Satzung oder ist sie unvollständig, so gibt die Stiftungsbehörde der Stiftung vor der Anerkennung eine Satzung.

 

Gibt es einen Mindestbetrag, den ich stiften muss?

Es gibt keinen konkreten Mindestbetrag, der einer Stiftung zugewendet werden muss, damit sie von der zustänsigen Behörde als rechtsfähig anerkannt wird. Das Gesetz verlangt aber in § 80 Abs. 2 BGB für die Anerkennung der Stiftung, dass die dauerhafte und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint. Das ist nur der Fall, wenn der Stiftung ein entsprechendes Vermögen zu Verfügung gestellt wird. Die zuständige Behörde muss daher einschätzen (können), ob das Stiftungsvermögen zur dauerhaften und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks ausreichen wird. Gelangt sie zu der Auffassung, das sei nicht der Fall, verweigert sie der Stiftung die Anerkennung als rechtsfähig.
In der Praxis dürften ca. 50.000,- € als Untergrenze gelten. Darunter ist wohl insbesondere die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht mehr möglich, doch sind die Grenzen nicht starr.

 

Kann ich das Stiftungsgeschäft widerrufen?

Das Stiftungsgeschäft kann gem. § 81 Abs. 2 S. 1 BGB bis zur Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig widerrufen werden. Eine bestimmte Form muss dabei nicht eingehalten werden. Ist der Antrag auf Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig bei der zuständigen Behörde bereits gestellt worden, so kann der Widerruf nur ihr gegenüber erklärt werden, § 81 Abs. 2 S. 2 BGB.
Nach der Anerkennung der Stiftung ist ein Widerruf nicht mehr möglich. In Betracht kommt dann ggf. nur eine Anfechtung des Stiftungsgeschäfts wegen Irrtums, Zwang, Drohung oder Täuschung, was aber kaum einmal praxisrelevant werden dürfte.

 

Hat die Stiftung einen Anspruch auf Übertragung des zugesicherten Stiftungsvermögens?

Ja, den hat sie ab der Anerkennung der Rechtsfähigkeit. Das bestimmt § 82 S. 1 BGB, der den Stifter zur Übertragung des im Stiftungsgeschäfts zugesicherten Vermögens verpflichtet. Diesen Anspruch kann der Stiftungsvorstand für die Stiftung geltend machen.
Nach Einreichung des Antrags auf Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig und vor der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde kann der Stifter nach herrschender Meinung in der Fachliteratur ebenfalls für Handlungen, die eine spätere Übertragung des zugesicherten Vermögens verhindern, haften, was im Einzelnen aber umstritten ist. Der Stiftungsvorstand kann ggf. verpflichtet sein, einen Schadensersatzanspruch gegen den Stifter (gerichtlich) durchzusetzen, will er nicht Gefahr laufen, seinerseits wegen schuldhaften Unterlassens zu haften.

 

Was meint der Begriff "Stiftungsreife"?

Der Begriff "Stiftungsreife" ist kein rechtlicher Begriff in dem Sinne, dass man ihn im Gesetz finden kann. Es handelt sich vielmehr um einen Begriff, der für die Beratung in Stiftungsangelegenheiten relevant wird:
Da die Stiftung als juristische Person entsteht, existiert sie unabhängig vom Stifter. Sie ist dann nur noch insoweit dem Willen des Stifters unterworfen, als dieser im Stiftungsgeschäft oder in der Stiftungssatzung zum Ausdruck gekommen ist. Der aktuelle (ggf. anders lautende) Wille des Stifters ist für sie dagegen nicht mehr maßgeblich. Die Einhaltung des ursprünglichen Stifterwillens wird zudem durch die Stiftungsaufsicht garantiert.
Ein Stifter dem diese Zusammenhänge nicht bewußt sind oder der sie nicht akzeptieren mag, ist nicht "reif" für die Errichtung einer Stiftung. Gleiches gilt z.B., wenn er die Stiftung als reines Steursparmodell ansieht. In diesen und ähnlich gelagerten Fällen kann das Projekt Stiftung nicht gelingen.

 

Welche Aufgabe hat die Stiftungsaufsicht?

Die Länder haben einzelne Aufsichtsbehörden eingerichtet. Die Einzelheiten zur Stiftungsaufsicht sind in den jeweiligen Landesstiftungsgesetzen geregelt. Die Stiftungs(aufsichts-)behörden beaufsichtigen die Einhaltung der Stiftungsgesetze durch die Organe der Stiftung sowie die Einhaltung  der Vorgaben des Stiftungsgeschäfts, insbesondere der Stiftungssatzung. Die Aufsicht beschränkt sich also auf eine Rechtsaufsicht. Die Stiftungsbehörde darf einem Stiftungvorstand z. B. also nicht vorschreiben, mit welchen Mitteln er den Stiftungszweck zu erreichen hat. Sie schreitet erst ein, wenn der Vorstand z.B. gegen die Satzung verstößt.

 

Was ist eine Vertretungsbescheinigung?

Stiftungsaufsichtsbehörden stellen den Vorständen einer Stiftung auf deren Antrag so genannte Vertretungsbescheinigungen aus, damit sich die Vorstände im Rechtsverkehr legitimieren können. Die Rechtsqualität solcher Urkunden und die durch sie begründeten Rechtsfolgen und -wirkungen sind allerdings fraglich (ausf. dazu Dörnbrack/Fiala, DStR 2009, 2490).

 

Was ist eine unselbständige (treuhänderische) Stiftung?

Die Begriffe unselbständige und treuhänderische Stiftung meinen dasselbe. Gemeint sind nicht Stiftungen im eigentlichen Sinne, denn die genannten "Stiftungen" sind gerade keine rechtsfähigen juristischen Personen. (Das wird neuerdings von Bruns bestritten.) Bei der unselbständigen/treuhänderischen Stiftung wird einer rechtsfähigen natürlichen oder juritischen Person im Wege eines Treuhandvertrages oder durch eine Schenkung mit (treuhänderischer) Auflage ein bestimmtes Vermögen mit der Maßgabe übertragen, seine Erträge für einen bestimmten Zweck zu gebrauchen. Das Vermögen wird also rechtlich nicht verselbständigt. Die treuhänderische Stiftung hat keine eigene Rechtspersönlichkeit, ist jedoch sehr wohl ein eigene Steuersubjekt. Sie handelt im Rechtsverkehr durch den Treuhänder. Sie kann ein internes Organ (interner Vorstand) haben, der insbesondere intern über die Art und Weise der Zweckerfüllung/Mittelverwendung entscheidet.

 

Was ist eine Familienstiftung?

Der Begriff der Familienstiftung taucht in verschiedenen Gesetzen auf, bzw. wird dort angedeutet, vgl. etwa § 2 Abs. 1 StiftG HH oder § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Einheitlich wird er indes nicht verwendet. Die Einzelheiten sind umstritten. Als gemeinsames Merkmal gilt aber, dass eine Familienstiftung ihrem Zweck nach dem Interesse einer oder mehrerer Familien dient. Es handelt sich also um keine gesonderte Stiftungsart, sondern um eine Unterart der rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts, die durch den Kreis der Destinatäre charakterisiert wird.

 

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