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21.01.2013Maier: Gemeinnützige Stiftungen und Generationengerechtigkeit

Von: Christoph J. Schürmann, Rechtsanwalt, Bonn

Maier, Jochen: Gemeinnützige Stiftungen und Generationengerechtigkeit,  2012, Zugl.: Bochum, Univ., Diss. 2012, 428 Seiten, 74,95 €, Verlag: Peter Lang (Bochumer Studien zum Stiftungswesen – Band 9), ISBN 978-3-631-62451-7

Aus einem interessanten Blickwinkel betrachtet Jochen Maier das Stiftungsrecht in seiner äußerst lesenswerten Dissertation aus dem Jahre 2012. Der Autor geht dabei in betont interdisziplinärem Ansatz der Frage nach, ob und wie gemeinnützige Stiftungen zur Gerechtigkeit zwischen den Generationen beitragen können. Für eine solche Aufgabe bietet die gemeinnützige Stiftung wegen ihrer Eigenarten erst einmal gute Voraussetzungen: Sie ist zur Erfüllung ihrer gemeinnützigen Zwecke (zumindest grundsätzlich) nachhaltig und „für die Ewigkeit“ angelegt und kann somit dauerhaft und eben generationenübergreifend zugunsten des Gemeinwohls wirken. Zudem hat die Stiftung keine Mitglieder, und kommt möglicherweise gerade deshalb als „unabhängiger“ Vertreter auch zukünftiger Generationen in Betracht.

Nun ist die „Generationengerechtigkeit“ ja heutzutage, insbesondere vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Herausforderungen des demographischen Wandels, ein schillernder und allgegenwärtiger Begriff. Wie so viele Schlagwörter in der politischen Rhetorik ist aber bei genauerer Betrachtung auch dieser Terminus reichlich konturlos und tendiert dazu, zur inhaltsleeren „Worthülse“ zu verkommen. Ein Schlagwort für den Wahlkampf und präsidiale Sonntagsreden, das jeder Bürger unterschreibt und mit dem er sich wohlfühlt. Was aber genau hinter dem Begriff steht, wie er sich ausfüllen und praktisch umsetzen lässt, dazu ist vergleichsweise wenig zu hören.

Umso erfreulicher, dass Maier in seiner Arbeit dazu fundiert und präzise Denk- und Lösungsansätze entwickelt, und das mit dem besonderen Blick auf das Stiftungsrecht. Dabei nimmt er den Leser an die Hand und arbeitet die Thematik erst einmal grundlegend auf, bevor er sich den konkreten stiftungsrechtlichen Lösungsvorschlägen zuwendet. Dass er hierbei nicht auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft stehen bleiben kann liegt auf der Hand. So werden denn auch interdisziplinär etwa ökonomische, soziologische und philosophische Strukturen dargestellt, untersucht und im Kontext der Fragestellung eingeordnet.

Das erste Kapitel arbeitet ausführlich den Begriff der „Generationengerechtigkeit“ auf, wobei wenig überraschend erst einmal die Frage gestellt wird: „Was ist eigentlich Gerechtigkeit?“ (S. 44 ff.), mit der Einsicht, dass es auf diese nun gar nicht profane Frage keine allgemeingültige Antwort geben kann. Nach der grundlegenden Klärung des Begriffes der „Generation“ beleuchtet der Autor schließlich die verschiedenen Aspekte der Generationengerechtigkeit aus ethischer und politisch-philosophischer (S. 54 ff.), ökonomischer (S. 84 ff.), ökologischer (S. 100 ff.) und nicht zuletzt natürlich auch aus juristischer Sichtweise (S.107 ff.). Abschließend wirft er einen Blick auf den Begriff der generationengerechten Politik und der Generationengerechtigkeit in der Realität politischer Grundsatzprogramme (S. 135 ff.).

Nach diesem ersten „Kraftakt“ befasst sich das zweite Kapitel schließlich mit dem (zumindest dem Juristen und Stiftungspraktiker) vertrauteren Gebiet der stiftungsrechtlichen Grundlagen (S. 146 ff.), wobei zwar knapp aber umfassend ökonomische Rahmenbedingungen sowie verfassungs-, verwaltungs-, zivil- und steuerrechtliche Aspekte Berücksichtigt werden.

Das dritte Kapitel (S. 249 ff.) führt schließlich die erarbeiteten Aspekte in einer abschließenden Synthese zusammen und befasst sich mit den Möglichkeiten, aber auch mit den Grenzen der Einbeziehung gemeinnütziger Stiftungen in eine generationengerechte Politik. In prägnanten Thesen fasst der Autor die gefundenen Arbeitsergebnisse schließlich im vierten Kapitel noch einmal zusammen.

Im Kern kommt er dabei zu dem Schluss, dass gemeinnützige Stiftungen im Hinblick auf eine generationengerechte Politik nur als ergänzende, nicht aber als substituierende Institutionen in Frage kommen. Vom Staat zu fordern seien Rahmenbedingungen, die private Initiative fördern und staatliches Handeln fordern. Dem ist sicherlich zuzustimmen.

Zur tieferen Auseinandersetzung mit dieser komplexen und wichtigen Materie sei die Lektüre der Dissertation uneingeschränkt empfohlen – nicht zuletzt auch für den Juristen, der einmal einen weiten Blick „über den Tellerrand“ auf ganz grundsätzliche Fragen wagen möchte.