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Dr. K. Jan Schiffer

Dr. K. Jan Schiffer ist Wirtschaftsanwalt und berät seit 1987 vor allem Familienunternehmen, Stiftungen, Verbände, staatliche Stellen, …mehr

24.09.2010Untreue durch Spekulations- und Risikogeschäfte?

Von: K. Jan Schiffer

(23.09.2010, Überarbeitung am 24.09.2010)

Nach einem Bericht des Bonner Generalanzeigers vom 23.09.2010 wirft die Staatsanwaltschaft Bonn Mitarbeitern der Stadt Untreue im besonders schweren Fall vor. Es sollen Millionenbeträge nicht sachgerecht verwaltet, nicht sicher bei der Bank angelegt und nicht zweckgerecht verwendet worden sein. Die Beschuldigten weisen nach dem Bericht die Vorwürfe von Spekulations- und Risikogeschäften vehement zurück.

Das klingt alles noch sehr diffus - zumal der Straftatbestand der Untreue kein wirklich eindeutiger und klarer Tatbestand ist. Wir haben das hier unter Hinweis auf eine aktuelle Entscheidung des BVerfG bereits angesprochen.

Zur Erinnerung (eingefügt am 24.09.2010) zu dem hier wohl in Frage stehenden Gefährungsschaden: Das BVerfG hat ausgeführt:

Zwar sei mit der Rechtsfigur des Gefährdungsschadens in erhöhtem Maße die Gefahr einer Überdehnung des Untreuetatbestandes durch Gleichsetzung von gegenwärtigem Schaden und zukünftiger Verlustgefahr verbunden; dies würde die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Strafbarkeit des Untreueversuchs unterlaufen und die Eigenständigkeit des Nachteilsmerkmals in Frage stellen. Dieser Gefahr könne jedoch begegnet werden, indem (auch) Gefährdungsschäden von den Gerichten in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise nach anerkannten Bewertungsverfahren und -maßstäben festgestellt werden; soweit komplexe wirtschaftliche Analysen vorzunehmen seien, werde die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich sein.

Sollte es sich wirklich so entwickeln, dass z. B. auch (ehrenamtliche) Stiftungsvorstände zur Vermeidung strafrechtlicher Folgen keine "riskanten" Anlagen mehr tätigen dürfen, so wird es arg. Wer entscheidet, was riskant ist? Und das ggf. nach vielen Jahren nachträglich?

In Zeiten geringer Zinsen, wie wir sie aktuell haben, schafft eine gemeinnützige Stiftung, neben der angemessenen Erfüllung ihrer Stiftungszwecke kaum den zur Vermögenserhaltung erforderlichen Inflationsausgleich. Da sie zur Zweckerfüllung errichtet worden ist und gleichzeitig ihr Vermögen zu erhalten hat, muss sie sich zwangsläufig um risikoreichere Anlagen kümmern. Ist dann das Unterlassen entsprechender Vermögensanlagen auch Untreue? Weil "vergraben alleine nicht genügt"?

Ich weiß es nicht und glaube, dass hier noch manches intensiv zu durchdenken ist. Wir werden das Thema weiter beobachten.

In weiteren Artikeln vom 24.09.2010 berichtet der Bonner Generalanzeiger, dass aus Sicht der Staatsanwaltschaft eine bwußt eingegangene Vermögensgefährung Grundlage der Annahme einer Untreuehandlung sein soll. Dabei soll es u. a. um die Anlage von 45 Mio. Euro in einer "kapitalgeschützten Schuldverschreibung (Garantieanleihe) der Deutschen Bank" gehen. Die Kapitalgarantie soll zum Ende der zehnjährigen Laufzeit gelten.

Aufgrund der bisher zu lesenden Informationen vermag ich zunächst nicht zu verstehen, inwieweit schon in der Wahl einer solchen Anleihe eine Vermögensgefährdung liegen soll. Vieliecht erfahren wir aber noch weitere, überraschende Sachverhaltsdetails.

Hoffen wir, dass der Sachverhalt bald vollständig und klar auf dem Tisch liegt, denn vor dem Hintergrund der oben angesprochnen Entscheidung des BVerfG bleibt aufgrund der Zeitungsberichte zunächst nur Unklarheit.  Alle, die - nicht nur bei Stiftungen - mit der Verwaltung fremden Vermögens zu tun haben, benötigen dringend Klarheit, wann ihnen nicht nur eine Schadensersatzforderung, sondern ggf. sogar eine Strafverfolgung droht. Wir werden das Thema weiter beobachten.